Einspruch des TSV Friedberg gegen Entscheidung BHV zur Punktezählung

Der Teufel steckt eben doch manchmal im Detail. Eine ungenaue Formulierung in den Durchführungsbestimmungen zum Spielbetrieb bereitet seit gestern dem BHV und vielen bayrischen Handballvereinen in den beiden Bayernligen große Bauchschmerzen. Das hat zur Folge, dass zwei Spieltage vor dem Saisonende das kleine Detail, das Tabellen so wichtig macht, nämlich wer denn jetzt genau wie viele Punkte eingesammelt hat, nicht mehr offiziell feststeht. Gegen die Entscheidung des BHV, die Tabellen für Meister- und Abstiegsrunde in beiden Bayernligen neu zu berechnen, hat der TSV Friedberg Einspruch eingelegt. 

„Bis zwei Spieltage vor dem Ende vertritt der Bayrische Handballverband eine klar kommunizierte Position nach innen und außen, nach der sich alle richten“, sagte Abteilungsleiterin Simone Neumeier. „Und dann, im Handstreich und über Nacht, wird das alles umgeworfen und die Regeln des Spielbetriebs ändern sich komplett. Das hat für viele bayrische Vereine massive Auswirkungen, und das können wir so nicht einfach stehen lassen. Darum haben wir uns dazu entschieden, Einspruch einzulegen. Wir fordern Akteneinsicht und wollen die Rechtsgrundlage dafür wissen, dass die Regeln mitten im Spielbetrieb der Abstiegsrunde geändert werden können.“ Andere Vereine haben angedeutet, sich unter Umständen daran zu beteiligen, diese Entscheidung anzufechten. 

Es macht bestimmt Sinn, näher auf die Details einzugehen. Denn wer momentan online auf der nuliga- Seite nach den Klassements schaut, bekommt für die Bayernligen bei Männern und Frauen eine Auflistung ohne Punkte angezeigt. Noch am Mittwoch waren Auf- und Abstiegsrunden in beiden Bayernligen wie üblich exakt mit dem aktuellen Punktekonto aller Teilnehmer zu finden. 

Denn damals galt noch das, was auch der BHV seit der gesamten Saison kommunizierte: Dass die Punkte aus den Vorrunden nur gegen die Teams in die jeweiligen nächsten Runden mitgenommen werden, mit denen man dann auch in derselben Liga ist. Das heißt, der Sieg für Friedberg aus der Vorrunde gegen Waldbüttelbrunn zählte nicht für die Abstiegsrunde, da die Franken es in die Meisterrunde schafften. Die zwei Zähler aus den beiden Duellen gegen Roßtal füllten hingegen schon das Friedberger Punktekonto auf, da Roßtal mit dem TSV in der Abstiegsrunde antritt. Jedenfalls galt das bis Donnerstag.

Doch wie kam es zu dem Sinneswandel? Warum hat ein Verband kurz vor dem Saisonende plötzlich das Punktezählen verändert? Das liegt an einer ungenauen Formulierung in den Durchführungsbestimmungen zum Spielbetrieb für die aktuelle Saison. 

Deswegen legte Erlangen-Bruck Einspruch ein: „Die Spielergebnisse ausgetragener Spiele der Vorrunde werden in der Meisterschaftsrunde werden in die Meisterschafts- und Abstiegsrunde übernommen“ (sic!). Dieser grammatikalisch falsche Satz ist direkt zitiert aus Teil 1.1.3. Klassenverbleib des zweiten Teils der offiziellen Durchführungsbestimmungen des BHV für die Saison 2021/22. Diese finden sich online, auch das grammatikalisch nicht korrekte Zitat. 

Der BHV wird diese Entscheidung nicht anfechten. "Es war unser Fehler. Deshalb ist das Urteil korrekt, wir werden von Verbandsseite keinen Einspruch dagegen einlegen", wird Ingrid Schuhbauer, für den Spielbetrieb zuständige Vizepräsidentin des Bayerischen Handball Verbands, in der Mainpost zitiert. 

Die Ursache für diese Entwicklung ist also haarsträubend und für einen Verband, der sich professionell und rechtsverbindlich verhalten will, ein Desaster. Ein grammatikalisch unsauber formulierter Satz in einem offiziellen Dokument, das relevante Fragen zum Spielbetrieb rechtsverbindlich klären will und stattdessen der offiziellen, lange kommunizierten Position des Verbandes widerspricht, ist mehr als ein Armutszeugnis. Kurz vor Saisonende herrscht zumindest Chaos im bayrischen Handball, vielleicht auch bald Bürgerkrieg: Viele Vereine behalten sich rechtliche Schritte vor und wollen dieses Urteil nicht akzeptieren. 

„Uns geht es hier ums Prinzip“, stellte Abteilungsleiter Dirk Kreutzburg fest. „Man kann nicht einfach so kurz vor dem Ende der Saison einen derart drastischen Regeleingriff vornehmen. Das stellt die gesamte Saison in Frage und auch die Glaubwürdigkeit des Verbandes. Die Außenwirkung ist verheerend. Wie kann man sich so unprofessionell verhalten?“

Köpfeschütteln wird die mildeste Reaktion der betroffenen Vereine sein in einer turbulenten Sportwoche voller unangenehmer Überraschungen für den BHV. Damit hat er nur wenige Tage nach dem Rückzug von Cham das nächste Problem am Hals, nur diesmal ist es ein systemisches, das den Spielbetrieb in den Bayernligen und indirekt auch die Legitimation des gesamten Verbandes in Frage stellt. Wenn zwei Spieltage vor Saisonende die eigene Tabelle nicht mehr gilt, ist etwas faul im Freistaat. 


Domenico Giannino